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Die US-Wahlen – Ein Theater

Januar 2008


Der amerikanische Kritiker Daniel Patrick Welch schreibt über die Absurdität der amerikanischen Wahlkampfperiode. Die gleichen Medien, die einen offenen Meinungsaustausch über den Krieg und den Nahen Osten verhindern, dirigieren die Wahlkämpfe und auf einmal verschwinden die ersten Geigen aus dem Orchester. 

In Vorbereitung auf das diesjährige politische Theater wurde mit Schlagwörtern für Hoffnung und Veränderung so verschwenderisch um sich geschmissen, dass diese nun abgedroschen wirken. Durch die ständigen Wiederholungen und den zynischen Missbrauch der Wörter gingen jegliche Bedeutungen verloren. Schlagwörter entwickeln sich schnell zu leeren Phrasen, die die Wahlperiode umso bedrückender machen. Mit Hilfe von Neusprech, der politischen, künstlich veränderten Sprache der Medien, wird das schlimmste Jahr im Irak als Beweis dafür angesehen, dass die „Aufstockung der Truppen funktioniert hat.“ Indem ständig Argumente zensiert werden, Blickwinkel richtig gerückt werden und die Bandbreite der Gespräche und Themen eingeengt wird, haben die Medien, die von einer kleinen Oligarchie gesteuert werden, der amerikanischen Wählerschaft das Unmögliche weis gemacht: Während einerseits kreative, aber in die Irre leitende Synonyme für Hoffnung und Veränderung nur im Wege stehen, gibt es andererseits eigentlich gar keine andere Möglichkeit, außer den Status quo zu erhalten. 

Die neuste und deprimierendste Form dieses Theaters ist die Entscheidung, dass Abgeordnete von Wahlkämpfen ausgeschlossen werden. Dies geschah bei den Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire, wo z.B. Dennis Kucinich von einer Debatte von ABC und Facebook ausgeschlossen wurde und Ron Paul nicht zu einer von Fox gesponserten Debatte erscheinen durfte. Aber man kann sich denken, was dahinter steckt: Jahrelang haben die Hauptparteien und deren Verbündete in den Medien hart darum gekämpft, dass Randkandidaten dritter Parteien oder anderer abgedrehter Parteien ausgeschlossen wurden, damit sie ihre gefährlichen Meinungen keinen Ahnungslosen unterjubeln können. So werden Wähler gut vor verrückten Ansichten bewahrt; man erinnere sich in diesem Zusammenhang an den 8-Stunden-Tag, die Abschaffung der Sklaverei und den Verbot imperialistischer Abenteuer, in die wir Amerikaner uns zur damaliger Zeit begeben haben. 

Unzufriedene Amerikaner wie Paul und Kucinich habe es nicht nur geschafft, an die Spitze ihrer Parteien gewählt zu werden, wo sie für die nächsten Jahre auch bleiben werden, sondern sie besitzen noch die Frechheit, die Erfolgsleiter weiter hochzuklettern und die Parteien an ihre Ideologien zu binden. Was für eine Schande! 

Man könnte denken, dass diese Männer das bekommen, was sie verdient haben, wenn sie sich der „Säuberung“ ihrer Partei unterziehen. Warum sollten sie denn nicht wie alle anderen Politiker auch an den gleichen Giftstoffen ersticken, mit denen vorher das Feld der öffentlichen Debatten gereinigt wurden. 

Ich kann mich nicht mit Worten verteidigen, die über die einfache Logik hinausgehen, denn das System hat sich als zunehmend widerstandsfähig bewiesen. Doch es ist völlig inakzeptabel, dass Wahlkandidaten schon von der ersten Vorwahlrunde ausgeschlossen werden, denn sie kämpfen offensichtlich in der gleichen Arena, welche von den Medien geschaffen wurde. Für wen, in Gottes Namen, halten die sich denn, dass sie uns derartig die Entscheidungen abnehmen. Und sie treffen diese Entscheidungen auch noch mit unserem Einverständnis. Doch ermutigt von ihren Erfolgen in den zermalmenden Debatten der vergangenen Jahre haben die Erschaffer bestimmt, dass die Politiker diesen zusätzlichen Schritt gehen dürfen. Und die Mitverschwörer aller Verbrechen gegen die Menschheit, die Unterwürfigen der Medien, nämlich die Parteien, ziehen die Schlinge immer enger. Die Liberalen hatten in der vergangenen Generation in der Demokratischen Partei nicht viel zu melden, also wird es nur zu schwachen Protesten kommen. Zumindest hatten die Republikaner aus New Hampshire den Anstand ihr Sponsoring von Fox aus Protest abzulehnen.

Für einen amerikanischen Bürger ist es also sinnlos, dem einzigen Kandidaten zuzuhören, der sich für ein Gesundheitssystem ausspricht, dass aus einer Quelle bezahlt wird – eine Antwort auf eine allumfassende Krisensituation und eine Lösung, die schon fast jedes andere Industrieland übernommen hat. Ebenso haben wir Amerikaner auch keinen Bedarf an dem einzigen Kandidaten, der unverwandt gegen die Expansion Amerikas ist. Alle anderen Kandidaten werden uns noch lange Zeit im Irak halten. Keiner wird sich mit sinnvollen Worten für die Palästinenser erheben oder gar das unausgesprochene Verbot der Meinungsfreiheit im Fernen Osten anprangern. Keiner will sich dem Drachen stellen, der verhängnisvollen und auswegslosen Kriegsmaschinerie, die schnell den Lebensgeist aus der Demokratie und Gesellschaft saugen wird.

Die Linken – oder jene, die in den USA als solche durchgehen – rümpfen über Paul die Nase. Ich, für meinen Teil, nahm ihn beim Wort, als er sagte, er hätte vieles mit Kucinich gemeinsam. Und mal ehrlich, wer kann schon sagen, welche Gesellschaft aus dem verwesenden Kadaver des Parteienkrieges hervorgehen könnte. Paul sagte, dass noch eine Unmenge an gemeinsamer Arbeit zu erledigen ist, bis er zu dem Teil seines Programms kommt, wo sich die Wege der Linken und Rechten trennen – und bis dahin ist es noch ein furchtbar langer Weg. Wer wird entscheiden, welche Steuern wir brauchen und welche Regierungsprogramme wir uns leisten können, nachdem die Billionen aus dem Kriegsgeschäft freigeworden sind. Wir Amerikaner stehen vor einer Anomalie, vor der kein anderes Volk steht, denn wir geben für Kriege soviel aus, wie alle anderen Staaten zusammen. Da braucht oder kann man gar nicht darüber reden, bis nicht das Monster gezähmt wurde. Und eine wahre Unterscheidung zwischen den Linken und den Rechten ist eh beinahe unmöglich.

Und wenn man den Wohlfahrtsstaat näher betrachtet, dann stimmt Paul dem Argument der Linken zu, dass vieles von dem unternehmerischen Staat konsumiert wird. Subventionen für Unternehmen lassen Fördermittel für Individuen winzig aussehen, so wie schon immer. Außerdem führt diese enge Beziehung zwischen der Geschäftswelt und der Regierung zu einer proto-faschistischen Einschränkung der Bürgerrechte, was alle revolutionäre Köpfe voraussehen. Und der nächste Präsident sollte lieber auf ein nachimperialistisches Amerika vorbereitet sein, egal ob dabei nun Oppositionelle aus den Debatten über dieses Reich ausgeschlossen werden oder nicht. Die ganze Welt weiß bereits über Dinge Bescheid, die die amerikanischen Politiker anscheinend immer noch nicht begriffen haben. Die Realität wird uns aufholen, während immer noch euphemistisch von „This Great Nation", „Our Destiny“ (Unser Schicksal) und dem ganzen anderen triumphalen Blödsinn gesprochen wird.

Ich befürworte Ron Paul nicht, und auch nicht Dennis Kucinich, oder irgendjemanden anderen, der bei diesem Theater mitspielt. Keiner wird in diesem verfaulten System großartige Veränderungen bewirken können, und deshalb ist ihnen der Zutritt zum Theater verwehrt. Und bevor mich die Zyniker noch zynisch nennen, glaube ich ganz fest, dass die Hoffnung niemals stirbt, und dass eine wahre und ewigwährende Veränderung die einzige Hoffnung für unser Land und unsere Welt ist. Nur die falsche Hoffnung bewirkt Kriegsverbrechen. Die Japaner und die Nazis sind beide am Ende den falschen Hoffnungen nachgegangen, und deren Volk glaubte ihnen, dass der Sieg bevor stand. Also bin ich selbst vielleicht etwas naiv. Doch immer wieder, und das ganz im Gegensatz zu meinen Erfahrungen, bin ich geschockt, wie dreist die Agenten des Systems sich aufführen, um Bürger von ihren Ideologien zu überzeugen. Bis die Amerikaner nicht endlich ihre politische Last abgeworfen haben und erkannt haben, dass die ausgeschlossenen Kandidaten viel mehr als die „Auserwählten“ für uns sprechen, dann können wir jegliche Verbesserungen an dem System vergessen. Das System wird uns nur in den Bankrott und in die finanzielle Sklaverei führen. Die einzigen Veränderungen, die auf uns zukommen werden, sind die schwindenden Münzen in unseren Geldbörsen. 

© 2008 Daniel Patrick Welch. Nachdruck gestattet mit Nennung des Autors und Link zu danielpwelch.com. 
Ubersetzung von Christiane Schmidt

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Autor, Sänger, Linguist und Aktivist Daniel Patrick Welch lebt und arbeitet in Salem, Massachusetts, mit seiner Frau, Julia Nambalirwa-Lugudde. Zusammen leiten sie The Greenhouse School.